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Quittung für den Hambacher Forst

RWE-Vorstand Rolf Martin Schmitz erhält den »Dinosaurier des Jahres 2018« für eine unzeitgemäße Machtdemonstration

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Es war ein hartes Rennen, aber am Ende hieß der Sieger Rolf Martin Schmitz. Der Vorstandsvorsitzende von RWE wurde am Freitag mit dem Negativ-Preis »Dinosaurier des Jahres 2018« ausgezeichnet. Diesen Schmähpreis vergibt die Umweltschutzorganisation seit 1993, in diesem Jahr nun zum 23. Mal.

Fast gleichauf mit RWE-Chef lag die deutsche Autoindustrie, erklärte NABU-Präsident Olaf Tschimpke bei der Verleihung in Berlin. »Aber der vehemente Einsatz von Schmitz für eine nicht zukunftsfähige Strategie machte ihn dann doch zum Spitzenreiter«, so Tschimpke. Ins Abseits gestellt habe sich Schmitz im Herbst noch einmal mit seiner unzeitgemäßen Machtdemonstration im Streit um die Rodung des Hambacher Waldes. Dabei hatte Schmitz weder Rücksicht auf die gesellschaftliche Stimmungslage, die laufenden Verhandlungen in der Kohlekommission noch auf die Folgen für Natur und Umwelt genommen. Er habe damit in der Debatte um den in Deutschland nicht vorankommenden Klimaschutz zusätzlich polarisiert.

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»Dass der RWE-Konzern nicht als Natur- und Klimaschützer in die Geschichte eingehen wird, ist uns klar«, erklärte Tschimpke. Schmitz’ Festhalten an der Zerstörung eines sehr alten Waldes zeige aber, dass er keinen Wert auf den Erhalt von Natur und Artenvielfalt legt. Diese Einstellung zeige sich auch in der Gesamtaufstellung des Energiekonzerns: Im Geschäftsbericht für 2017 stehen hinter der Stromgewinnung über 90 Prozent fossile Energien, im Einzelnen fast 37 Prozent aus Braunkohle, 15 Prozent aus Kernkraft und 26 Prozent aus Erdgas. Steinkohle kommt mit 14,5 Prozent dazu. Angesichts des 2015 von Deutschland unterzeichneten Klimaschutzabkommens und eines für 2019 absehbaren Klimaschutzgesetzes liege RWE weit zurück. »Andere Stromerzeuger sind da weit besser aufgestellt«, findet der NABU-Präsident. Am Ende würden das die Mitarbeiter ausbaden müssen. Deshalb sieht Tschimpke auch Gewerkschaften und kommunalen Aktionäre von RWE in der Pflicht.

In der Geschichte der Dinosaurier-Preisverleihung liegt das Essener Unternehmen mit drei Trophäen absolut an der Spitze. 2010 erhielt der damalige RWE-Chef Jürgen Großmann den Preis für die Aufkündigung des Atomkonsenses und sein Wirken für eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke. Letztere wurde unter dem Eindruck der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 von Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgenommen. 2006 hatte Großmanns Vorgänger Harry Roels den NABU-Dino für den Antrag auf Laufzeitverlängerung für den 2011 stillgelegten Schrottreaktor Biblis A erhalten. Schon anhand dieser Beispiele könnte der Energiekonzern beispielhaft für ein besonders rückwärtsgewandtes Denken und Handeln stehen.

Die Verleihung des Negativpreises versteht der NABU auch als Gesprächsangebot an die Geschmähten. Das habe bisher zum Beispiel bei den Konzernchefs von TUI und Aida wegen ihrer luftverschmutzenden Kreuzfahrtschiffe funktioniert, sonst eher weniger. Jedoch würde die öffentliche Diskussion zu den kritischen Themen zumindest gestärkt, hofft Tschimpke.

Die Umweltschutzorganisation sieht jedoch mit Sorge auch auf weitere, für Deutschland strategisch wichtige Branchen. Bayer habe sich mit dem Monsanto-Erwerb keinen Gefallen getan. Die Autombilindu-strie verliere täglich an Vertrauen bei den Verbrauchern, weil sie diese nicht nur zum Erwerb von Dieselfahrzeugen ermutigt hatte, sondern auch bei der Umstellung auf Elektromobilität hoffnungslos hinterherhinke. Ein künftiges großes Thema für den Umwelt- und Klimaschutz sei die Gestaltung der Bio-Ökonomie, bei der große Unternehmen wie Bayer und BASF schon bereitstünden, um bei der künftigen Nutzung des Ackerlandes entscheidend mitzumischen.

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