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Äthiopische Flüchtlinge im Sudan
Zehntausende sind vor den Kämpfen in der Tigray-Region geflohen
Um Rakuba. Im Flüchtlingslager Um Rakuba sind die Bilder wieder da. Bilder, die die Welt längst vergessen glaubte: Verhärmte Gesichter weinender äthiopischer Mütter und ihrer ausgemergelt wirkenden Kleinkinder, wie sie einst Bob Geldof und andere Musiker zu Benefizkonzerten animierten. An der Grenze zwischen dem Sudan und Äthiopiens Tigray-Region hoffen Zehntausende Flüchtlinge auf Unterstützung - Helfer schätzen ihre Zahl auf knapp 50 000 Menschen.
Viele davon berichten von Hunger und Entbehrung, von Angst und Verzweiflung. Die meisten flohen nur mit den Kleidern am Leib. »Es besteht Grund zur Annahme, dass in den nächsten Monaten Zehntausende hinzukommen werden - dabei ist die Situation im Sudan ebenfalls sehr schwierig«, meint die Hilfsorganisation Care in einer Erklärung.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
In Äthiopien herrscht ein blutiger Konflikt. Die Zentralregierung hatte vor fast einem Monat eine Offensive gegen die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) gestartet und sie inzwischen für beendet erklärt. Hintergrund des Konflikts sind Spannungen zwischen der Region und der Zentralregierung. Die TPLF dominierte Äthiopien mehr als 25 Jahre lang, wurde aber seit 2018 von Ministerpräsident Abiy Ahmed zunehmend rausgedrängt. Viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und fordern mehr Autonomie.
»Wir sind in Todesangst davongelaufen, ohne etwas mitzunehmen«, schluchzt Spara Abra. Hals über Kopf war der 34-Jährige aus der Stadt Birkuta geflohen - einem Ort in der Tigray-Region, die wegen der Kämpfe dort wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten war. Ja, sagt er, unterwegs habe er auch Leichen gesehen, nachdem äthiopische Kampfjets die Ortschaften bombardiert hatten. Um nicht selbst ins Visier von Militärpiloten zu geraten, sei er über unwegsame Pfade zwischen Wäldern und Bergen in die Grenzstadt Hamdayit geflohen, berichtet er Helfern und Journalisten in dem Lager.
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Im Krisenjahr 2020 hat die Eskalation des Konflikts in Tigray laut der ebenfalls vor Ort befindlichen Hilfsorganisationen World Vision besonders verheerende Auswirkungen: Sie trifft Äthiopien inmitten der Covid-19-Pandemie und einer anhaltenden Heuschrecken- und Heerwurm-Plage. Unregelmäßige Regenfälle riefen in manchen Gebieten zudem große Schäden durch Überschwemmungen und Dürren hervor, während Vertreibungen durch ethnische Konflikte anhalten. dpa/nd
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